19. Jahrhundert – Industrierevolution, Migrationen

Emigrationen aus Römerstadt

Auswanderungen der Brixels aus Römerstadt fanden zu verschiedenen Zeiten statt. Diese Schwerpunkte sind erkennbar:

ab Anfang des 19. Jahrhunderts innerhalb Mährens, sowie nach Preußisch-Schlesien;
ab Mitte des 19. Jahrhunderts innerhalb Österreichs;
ab Ende des 19. Jahrhunderts nach Deutschland, und auch Brasilien;
später individuell in andere Länder.

In den Römerstädter Randgemeinden vererbte sich das Weberhandwerk von Generation zu Generation. Noch im 20.Jahrhundert wurde dieser Beruf vereinzelt von Brixels in Römerstadt ausgeübt. In Einzelfällen wurde das Geschäft auch noch nach einem Wegzug fortgeführt, wie Franz Brixel (1840) von seinem Vater in Graz berichtet. In der Regel aber gingen regionale Veränderungen einher mit beruflichen Veränderungen. 

Mit der zunehmenden Konkurrenz durch den 1805 erfundenen Jacquard-Webstuhl gab es bald drastische Änderungen in den Lebensbedingungen der handwerklichen Weber. Die industrielle Revolution schuf zwar neue Arbeitsmöglichkeiten, führte aber zu sozialer Not. Im benachbarten Preußen kam es 1844 zum Aufstand der schlesischen Weber, und im Kaisertum Österreich gab es die Revolution 1848/49.

Hier werden die aktuellen Länderbezeichnungen verwendet. So gab es etwa historisch kein „Deutschland“, sondern ein Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation (bis 1806), dann einzelne „deutsche“ Königreiche wie Württemberg und Preußen, dann das Deutsche Reich. Mähren wurde überwiegend durch das Königreich Böhmen regiert und damit durch die Habsburger Dynastie, seit 1804 im Kaisertum Österreich, und zwischen 1867 und 1918 in der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Mähren wurde 1918 Teil der neu gegründeten Tschechoslowakei (und die ´Sudetendeutschen´ mit dem Vertrag von Saint-Germain 1919 offiziell Bürger der Tschechoslowakei), seit 1993 Teil der Tschechischen Republik.


Innerhalb Mährens

Die Kirchenbuch-Eintragungen im Landkreis Römerstadt (Rýmařov) beginnen in den 1750er Jahren in den Gemeinden Harrachsdorf (Harrachov) und Rosendorf (Růžová). Eine Generation später erfolgen die ersten Eintragungen in Nachbargemeinden, vor allem im industriellen Janowitz (Janovice), seit 1805 auch in östlichen Randgemeinden (Braunseifen (Ryžoviště, Brunzeif), dann Großstohl (Velká Štáhle) und Friedland an der Mohrau (Břidličná)).

Mit der zunehmenden Konkurrenz durch den mechanischen Webstuhl begannen die Brixels, aus Römerstadt in städtische Ansiedlungen zu ziehen und übernahmen andere Berufe. Ein Urenkel von Augustin zieht schon 1831 in die ´Ebene´ nach Mährisch-Neustadt (Uničov), zunächst noch in der Weberei bleibend. 1842 ließ sich eine Familie in Mährisch-Schönberg (Šumperk) nieder. 1844 waren in nördlich gelegenen Industrieansiedlungen am Fuß des Altvatergebirges (Klein-Mohrau (Malá Morávka) und Karlsdorf (Karlov pod Pradědem)) Brixels als Hammer- und Kettenschmiede tätig. Neben Fabrikarbeitern finden sich nun zunehmend bürgerliche Berufe, zunächst Lehrer und Pfarrer, dann auch Kaufleute, Steuerinspektoren, Juristen, Ärzte.

Innerhalb Österreichs

Hinweise auf frühe Migration der Brixels innerhalb des Kaisertums Österreich finden sich in Kirchenbüchern. So gibt es Hinweise auf vereinzelte Auswanderung von Brixels aus Mähren bereits in der 5. Generation, im 18. Jahrhundert. Die älteste vorliegende Dokumentation belegt 1794 in Wien den Tod eines Joseph Brixel im Alter von 26 Jahren (Enkel von Augustin). Nachkommen sind nicht bekannt.

Eine erste Familiengründung in Wien (Lichtental) fand ab 1811 durch den aus Römerstadt stammenden Wandergesellen Hubert statt (Urenkel von Augustin). Nach dem Tod seiner ersten Frau und Wiederheirat zog er als Webermeister mit der Familie zurück in sein Heimatdorf in Nördmähren.

Dauerhaft ließ sich erst ab 1836 eine aus dem schlesischen Neustadt stammende Weberfamilie in Wien (Reindorf und Gumpendorf) nieder. Darunter ist auch der spätere, langjährige Leiter der Horak´schen Musikschulen, Franz Brixel (1852). Details hierzu und zu späteren weiteren Familiengründungen, unter ihnen auch der Schriftsteller Franz Brixel (1840), sind im Mitgliederbereich zu finden.

Die meisten Hinweise auf Brixels in internationalen Datenbanken stammen aus österreichischen Unterlagen. Dies ist verständlich, weil es sich beim Zuzug von Mähren in das Kernland Österreich nicht um Migration in ein „fremdes“ Land handelte.

Nach Deutschland

Es gibt vereinzelte dokumentarische Erwähnung von Brixels der 2. und 3.Generation im südwestlichen Deutschland. Zumindest in einem Fall handelt es sich wohl um einen jüngeren Bruder von Melchior, mit Namen Caspar. Mitte des 18. Jahrhunderts enden hier die Matrikeleintragungen, und so wird davon ausgegangen, dass hier keine eigenständigen, dauerhaften Linien entstanden.

Anders als von Mähren nach Wien oder Graz in Österreich war die Migration nach Deutschland eine internationale, ging es doch in andere Königreiche (Württemberg, Sachsen, Preußen). Die ersten dauerhaften Umzüge werden erst nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 dokumentiert. Die bis zum Ausbruch des 1.Weltkrieges gegründeten deutschen Familienzweige werden im Mitgliederbereich beschrieben.

Bei weitem die größte Umzugsbewegung fand im und direkt nach dem 2.Weltkrieg mit der Vertreibung der (Sudeten-) Deutschen 1945 und 1946 statt. Die meisten jetzt in Deutschland ansässigen Brixels können wohl dieser Phase zugerechnet werden.

Nach Brasilien

Dokumentiert ist die Einreise von einem Johann mit Frau und zwei Töchtern im Jahr 1877, von Hamburg mit dem Schiff kommend in die Provinz Rio Grande do Sul. Im 19.Jahrhundert gab es eine von der brasilianischen Regierung unterstützte, langfristig angelegte deutsche Kolonisierung (heute gibt es etwa 5-12 Mio deutschstämmige Brasilianer, das sind 3-5% der Gesamtbevölkerung).

Die Passagierliste 1877 führt auf:

Johann, geb ca 1847, Arbeiter aus Römerstadt, mit Ehefrau Victoria (ca 1849), und ihren Kindern Marie (ca 1870) und Anna (ca 1875). In Brasilien wurde 1890 ihr Sohn Gustavo geboren. Von diesem sind 10 Kindesgeburten in den Jahren 1908 bis 1929 dokumentiert, alle in Curitiba im südbrasilianischen Staat Paraná.

Derzeit leben einige Dutzend bis über 100 Brixels in Brasilien, fast ausschließlich in Curitiba. Sie lassen sich wohl alle auf die erste Einwandererfamilie zurückführen.

Individuell in andere Länder

Ungarn

Ein in Ungarn lebender Familienstamm kann sich zurückführen auf einen Franz Karl, von Römerstädter Brixels abstammend, 1889 im mährischen Karlsdorf geboren und 1949 in Budapest gestorben. Der Umzug nach Budapest hat noch zu Zeiten der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie stattgefunden. Die Kinder bekamen 1915 und 1917 ungarische (Schreibweisen von) Vornamen: Ferenc József und László Gyula.

USA

Die erste in den USA dokumentierte Familie Brixel ist die von einem Leopold, geboren 1853 in Römerstadt, der 1880 von Liverpool kommend in den USA eintraf und gleich heiratete. Leopold ist Urenkel von Johannes (1757). Seine 2 Töchter hatten Nachkommen, aber keine Namensträger Brixel in Folgegenerationen.

Die wenigen aktuell in den USA lebenden Brixels stammen ausschließlich von einzelnen Immigranten nach dem Zweiten Weltkrieg.

Frankreich

Standesamtliche Dokumente vom 17. bis zum 19.Jahrhundert führen vereinzelte Brixels auf, ausschließlich in Cote-du-Nord in der Bretagne. Die Schreibweise scheint aus einem schon 1630 lokal verwendeten Familiennamen Brexel entstanden zu sein, und die ursprüngliche Schreibweise wurde ab 1875 auch wieder aufgenommen. Es gibt keine Verbindung zur hier dargestellten Familie Brixel.

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